Tödlicher Sturz durchs Dach – Fallbeispiel für die Schulung
Arbeiten auf Dächern ist gefährlich. Deshalb muss für solche Arbeiten die Absturzsicherung an erster Stelle stehen. Der Fall von Michael P. zeigt die tragische Verkettung von mangelhafter Vorbereitung und falschen Entscheidungen vor Ort. Nutzen Sie das Fallbeispiel zur Sensibilisierung Ihrer Mitarbeitenden.
Inhalt
Kurz und bündig
Dachdecker Michael P. und ein Arbeitskollege haben den Auftrag, ein Hallendach zu reparieren. Der Geschäftsinhaber des Bedachungsunternehmens unterlässt es, die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen für den Auftrag abzuklären.
Das Dach aus Wellplatten ist nicht durchbruchsicher und darf ohne Sicherungsmassnahmen nicht betreten werden.
Die beiden Dachdecker planen deshalb, mit einem Anseilschutz zu arbeiten. Vor Ort bemerken sie jedoch, dass das Sicherungsseil zu kurz ist. Sie beschliessen, trotz allem ungesichert zu arbeiten.
Michael P. verliert bei der Arbeit kurz das Gleichgewicht und tritt auf eine bereits freigelegte Stelle. Der Dachbauer stürzt 13 Meter tief auf den Hallenboden und erleidet tödliche Verletzungen.
Was zu dem Unfall geführt hat
Das Fallbeispiel beruht auf realen Begebenheiten. Nur die Namen und einige Einzelheiten wurden geändert.
Michael P. und ein Arbeitskollege haben den Auftrag erhalten, ein defektes Hallendach zu reparieren. Das Wellplattendach aus Faserzement ist nicht durchbruchsicher und darf nicht ohne Absturzsicherung betreten werden. Genauere Abklärungen zu den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen hat der Arbeitgeber allerdings nicht vorgenommen.
Die beiden Dachdecker planen, mit Anseilschutz zu arbeiten. Vor Ort merken sie jedoch, dass sie das mitgebrachte Sicherungsseil nur an einem Kamin am Dachfirst befestigen können. Das Seil reicht so aber nicht bis zur Reparaturstelle. Deshalb beschliessen sie, ohne Sicherung zu arbeiten.
Die Dachdecker legen Gerüstläden auf das nicht durchbruchsichere Dach, um sich darauf zu bewegen. Sie entfernen die defekten Dachplatten und legen die darunterliegenden Dämmplatten aus Steinwolle frei.
Plötzlich verliert Michael P. das Gleichgewicht. Er tritt unbeabsichtigt auf eine der Dämmplatten. Diese gibt sofort nach, und der Dachdecker stürzt 13 Meter tief auf den Hallenboden. Der Vater eines kleinen Jungen erleidet beim Aufprall tödliche Verletzungen.
Nach dem Unfall wird gegen Frank S., den Inhaber der XYZ Dach AG, ein Strafverfahren wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung eröffnet. Frank S. wird zu einer bedingten Geldstrafe von 12 000 Franken, einer Busse von 2 000 Franken sowie der Übernahme der Verfahrenskosten von rund 30 000 Franken verurteilt. Die Lebenspartnerin von Michael P. verklagt Frank S. ausserdem auf Schadenersatz und Genugtuung.
Analyse der Fehlerkette
Bei einer genaueren Analyse des Unfallhergangs zeigt sich, dass dem tragischen Unfall mehrere Ursachen zugrunde liegen.
Der Arbeitgeber
Der Arbeitgeber von Michael P. hat nicht abgeklärt, welche Sicherheitsmassnahmen für diesen Auftrag notwendig sind. Deshalb haben seine beiden Mitarbeiter kein geeignetes Sicherungsmaterial dabei und arbeiten ungesichert auf dem Dach.
Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass für jeden Auftrag die nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.
Die Dachdecker
Weil sie nicht das richtige Material dabei haben, verzichten die beiden Dachdecker auf jegliche Absturzsicherung. Natürlich sind die Arbeiter das Arbeiten auf dem Dach gewöhnt und normalerweise passiert nichts. Aber wie das Fallbeispiel zeigt, ist ein kleiner Fehltritt schnell passiert – ohne Sicherung mit fatalen Folgen.
In dieser Situation hätten die Dachdecker STOPP sagen und die Arbeit abbrechen müssen. Das ist zwar im Moment unangenehm, doch die lebenswichtigen Regeln sagen ganz klar, dass Mitarbeitende das Recht – ja sogar die Pflicht – haben, die Arbeit zu unterbrechen, wenn eine Regel verletzt wird.
Keine durchbruchsichere Dachfläche
Unter der Dachplatte, welche die beiden Dachdecker entfernt haben, liegt nur noch eine Dämmschicht aus Steinwolle. Michael P. verliert kurz das Gleichgewicht und tritt von dem schmalen Dachladen auf die nicht tragfähige Dämmung. Diese gibt sofort nach. Weil er nicht angeseilt ist, stürzt Michael P. durchs Dach 13 Meter in die Tiefe.
Auch wenn die beschädigte Wellplatte noch an Ort gewesen wäre, hätte der Fehltritt wohl die gleichen Konsequenzen gehabt. Wellplatten sind nicht durchbruchsicher.
Nicht durchbruchsichere Dächer bedeuten für Unterhaltsarbeiten immer eine tödliche Gefahr und sollten deswegen grundsätzlich nicht mehr erstellt werden.
Rechtliche Grundlagen
Verschiedene Artikel der nachfolgenden Verordnungen regeln detailliert die Verantwortung von Arbeitgeberinnen oder Arbeitgebern sowie die notwendigen Sicherungsmassnahmen für Arbeiten auf Dächern und besonders gefährliche Arbeiten. Die für den beschriebenen Fall relevanten Artikel sind aufgeführt.
Bauarbeitenverordnung (BauAV)
- Art. 3
Planung von Bauarbeiten - Art. 46
Arbeiten auf Dächern von geringem Umfang - Art. 44 und 45
Schutz vor Stürzen durch das Dach