Die strafrechtliche Verantwortung bei Arbeitsunfällen
Wann liegt nach einem Arbeitsunfall ein strafrechtlich relevanter Tatbestand vor? Wer steht vor dem Strafrichter in der Verantwortung, wenn Regeln der Sicherheit nicht beachtet wurden? Mit welchen Sanktionen ist zu rechnen?
Inhalt
Kurz und bündig
- Die Eventreihe "Ein Unfall vor Gericht" verhandelt einen fiktiven Unfall vor dem Straf- und Zivilgericht.
- Erich Temporär verunfallte mit einer Hubarbeitsbühne schwer.
- Wer trägt Schuld am Unfall? Erich Temporär, das Vermittlungsbüro oder der Einsatzbetrieb?
- Lesen Sie den Fall und die Urteile dazu.
Ein Arbeitsunfall vor Gericht - Temporärarbeit
Die Hubarbeitsbühne steht unversehrt an ihrem Platz. Daneben liegt Erich Temporär bewusstlos am Boden. Sandro Polieri vermutet, dass Erich Temporär mit der Hubarbeitsbühne über ein Kantholz gefahren ist und durch die Hebelwirkung aus der Plattform geschleudert wurde.
Aber was genau ist geschehen? Wer trägt die Verantwortung?
Der Fall
Im folgenden Erklärfilm erfahren Sie, wie es dazu kam und welche Personen daran beteiligt waren.
Sandro Polieri hat einen Ausfall eines Mitarbeitenden zu beklagen. Für dringende Arbeiten an einer Decke braucht er deshalb einen flexibel einsetzbaren Bauarbeiter mit Erfahrung im Umgang mit Hubarbeitsbühnen. Er meldet dies Martin Meister. Dieser setzt sich mit der Temporent AG in Verbindung und bestellt für den darauffolgenden Tag eine Aushilfe für diverse Arbeiten auf der Baustelle. Der Einsatz einer Hubarbeitsbühne wird dabei nur in einem Nebensatz erwähnt. Claude Muster von der Verleihfirma bestätigt ihm, dass er einen Mitarbeitenden hat, der schon mit Hubarbeitsbühnen zu tun hatte. Der Deal ist perfekt.
Am nächsten Tag trifft Erich Temporär auf der Baustelle ein. Er wurde kurzfristig von Claude Muster der Temporent AG zu einem Einsatz aufgeboten. Erich Temporär weiss, dass es um eine Arbeit mit einer Hubarbeitsbühne geht. Er hat einige Erfahrungen im Umgang mit Hubarbeitsbühnen und macht sich deshalb keine Gedanken zu diesem Einsatz.
Beim Eintreffen auf der Baustelle fragt er nach dem Polier. Sandro Polieri befindet sich zu diesem Zeitpunkt in einem Telefongespräch in der Baubaracke und organisiert gerade Materiallieferungen. Zwischen zwei Telefongesprächen überreicht er Erich Temporär die Schlüssel der Hubarbeitsbühne und erklärt ihm kurz, was zu tun ist. Er zeigt ihm aus der Ferne, wo die Hubarbeitsbühne steht und fordert Erich Temporär auf, bereits mit der Arbeit zu beginnen. Er verspricht, später dazuzukommen.
Etwa eine halbe Stunde später eilt Sandro Polieri zu Erich Temporär und bemerkt schnell, dass dieser das Arbeitsgerät nicht wirklich im Griff hat. Er bewegt die Hubarbeitsbühne ruckartig und fährt sogar in die falsche Richtung. Dabei schrammt er auch kurz der Wand entlang. Sandro Polieri weist Erich Temporär darauf hin, dass die Hubarbeitsbühne nur gemietet ist und er vorsichtiger damit umgehen solle.
Sandro Polieri meldet seinen Eindruck dem Firmenchef Martin Meister, der gleichzeitig die Rolle des Bauführers innehat. Sandro Polier hat ein ungutes Gefühl bei der Arbeit und will nicht, dass die Hubarbeitsbühne zu Schaden kommt. Martin Meister weiss, dass Sandro Polieri nicht ohne Grund angerufen hätte. Er verspricht, via Temporent AG, einen anderen Kollegen aufzubieten – er bittet Sandro Polieri, so lange mit Erich Temporär weiterzuarbeiten. Gegen 11 Uhr rennt ein Mitarbeiter in die Baracke und meldet ein Unfallereignis. Sandro Polieri macht sich sofort auf den Weg zum Unfallort.
Impressionen von den Veranstaltungen
Die Veranstaltung "Unfall vor Gericht" fand in den Städten Montreux, Zürich, Luzern, Bern und Lugano statt und zog über 1500 Teilnehmer an. Sie diente dem fachlichen Austausch und der Weiterbildung im Bereich Unfallrecht und Arbeitssicherheit. Die hohe Teilnehmerzahl zeigt die grosse Relevanz und das Interesse an diesem Thema.
Die Beteiligten
Der Firmenchef Martin Meister
Der 55-jährige Firmenchef hat sich in der Firma hochgearbeitet. Vom Maurer zum Zeichner bis hin zum Bauführer und letztlich auch zum Baumeister - kennt somit alle Stufen in seinem Unternehmen TopBau AG.
Der Polier Sandro Polieri
Der 45-Jährige hat sich in der Baubranche erfolgreich hochgearbeitet. Im Jahr 2006 hat er die siebenwöchige Polierschule besucht. Seine Aufgabe als Polier lebt er mit viel Herzblut. Seine Mitarbeitenden bezeichnen ihn als den genialen Chef mit Improvisationstalent. Er hat seine Baustelle immer im Griff. «Geht nicht» gibt’s für ihn nicht.
Der verunfallte Erich Temporär
Erich Temporär ist ein Mensch, der gerne seine Freiheiten geniesst. Er ist 38 Jahre alt und hat eine Lehre als Metallbauer EFZ abgeschlossen. Nach seiner Lehre hat er nur wenige Jahre auf dem Beruf gearbeitet und dann eine Weltreise gemacht. Seit rund 15 Jahren lässt er sich über die Temporent AG vermitteln.
Claude Muster ist Inhaber des Unternehmens Temporent AG.
Er ist 42 Jahre alt und führt das Unternehmen seit 10 Jahren. Mittlerweile beschäftigt er 4 Personen. Er selber ist auch aktiv in der Vermittlung von temporären Mitarbeitenden. Dabei betreut er hauptsächlich Baubetriebe. Claude Muster kennt inzwischen viele seiner Kunden persönlich und pflegt einen umgänglichen Kontakt. Auch viele der vermittelten Personen kennt Claude Muster persönlich. So auch Erich Temporär, den er schon seit Jahren vermittelt.
Die Gerichtsurteile
Die offiziellen Urteile zum Straf- und Zivilprozess stellen wir Ihnen gerne als Download zur Verfügung.
Kontaktpersonen
Für Fragen und weitere Informationen steht Ihnen unsere Ansprechpartner gerne zur Verfügung.
Für fachliche Auskünfte wenden Sie sich bitte an Peter Fahrni. Bei rechtlichen Fragen wenden Sie sich bitte direkt an Florian Willi.
Peter Fahrni
Experte Sicherheit und Gesundheitsschutz
Florian Willi
Rechtsanwalt
Weitere spannende Gerichtsfälle
Die Eventserie “Ein Arbeitsunfall vor Gericht” zeigt immer wieder die Konsequenzen auf, welche ein Unfall mit sich bringen kann. Neben dem verursachten Leid können auch die juristischen Konsequenzen schwerwiegend ausfallen.