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6. Dezember 2024 | von Dominique Schuetz

Plötzlich SiBe – So gelingt der Einstieg

Den Sicherheitsbeauftragten wird viel Verantwortung übertragen. So etwa unterstützen sie die Prävention, schätzen Risiken ein und koordinieren den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Doch was genau kommt auf Sie als SiBe-Neuling zu, und wie finden Sie Ihre Rolle? Wir haben drei Experten gefragt.

Inhalt

      Kurz und bündig

      Wo gearbeitet wird, passieren Unfälle. Die Sicherheitsbeauftragten helfen massgeblich mit, dass die Unfallzahlen nicht ungebremst in die Höhe schnellen. Davon profitieren die Mitarbeitenden und das Unternehmen in hohem Masse.

      So stellen Sie als SiBe-Neuling die richtigen Weichen:

      • Seien Sie sich bewusst, dass Sie eine hohe Verantwortung tragen.
      • Nehmen Sie Ihre Vorbildfunktion vom ersten Tag an wahr.
      • Machen Sie gleich zu Beginn klar, dass Sicherheit nie verhandelbar ist.

      Der Sprung ins kalte SiBe-Wasser

      SiBe können Sie von heute auf morgen werden. Doch um auch gut zu sein, brauchen Sie Zeit. Zeit, um Informationen zu sammeln, ein breites Know-how zu entwickeln und zu wissen, wie Sie Sicherheitskonzepte ausarbeiten. Des Weiteren müssen Sie fähig sein, die Firma unter dem Aspekt der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes zu betrachten, Gefahren zu erkennen und diese zu beseitigen. 

      Damit eine Frau oder ein Mann die Rolle als SiBe wahrnehmen kann, ist etwas wesentlich: die Unterstützung der Unternehmensleitung. Dies bestätigen auch verschiedenste Fachleute in grossen und kleinen Betrieben. Weil das Management für die Sicherheit der Mitarbeitenden verantwortlich ist, setzt es auf gut ausgebildete Sicherheitsbeauftragte. Denn nur wenn diese über den nötigen Background verfügen, werden sie auch ernst genommen.

      Das sagen drei erfahrene Sicherheits-Profis

      Was kommt auf neue Sicherheitsbeauftragte zu, und welche Stärken müssen sie entwickeln, um erfolgreich zu sein? Wir haben drei Fachleute gefragt, die es wissen müssen.

      Roland Saxer, Sicherheitsbeauftragter bei Implenia

      Die Rolle eines Sicherheitsbeauftragten ist keine einfache. Doch was braucht es, um Wirkung zu erzielen und Erfolg zu haben? «Als SiBe ist man ab Tag eins gefordert,» sagt Roland Saxer, Experte für Arbeitssicherheit und Umwelt beim grössten Bau- und Baudienstleistungsunternehmen der Schweiz. «Neulingen sieht man zwar noch manches nach, aber beim Sprung ins kalte Wasser wird man einfach nass. SiBes haben eine grosse, aber sinnvolle Aufgabe, die sie mit dem systematischen Aufbau von Fachwissen und beharrlichem Vorgehen meistern können.»

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      Roland Saxer, SiBe bei Implenia AG Zürich

      «Wir SiBes können und wollen die Sicherheit auf unseren Baustellen nicht dem Zufall überlassen.»

      Ein Gespür für die Sache entwickeln

      Je mehr sich Sicherheitsbeauftragte ihrer Rolle bewusst werden, desto schneller bekommen sie auch ein Sensorium dafür. Manchmal hilft es nur schon, einen Schritt zurückzutreten und das Ganze im Überblick anzusehen, weiss Saxer aus Erfahrung. «In der Gesamtschau sieht man plötzlich unsichere Situationen, die einem in der täglichen Hektik gar nicht auffallen. Aber Sicherheit geht alle an und ist eine Teamaufgabe. Dabei darf man sich nicht von Terminen oder Kosten drücken lassen.»

      Eine solide Ausbildung bildet die Grundlage

      Genau in diesem Spagat liegt sowohl das Faszinierende als auch das Schwierige dieser Funktion, gibt Saxer zu bedenken. «Man muss objektiv bleiben und mehrere Bälle in der Luft halten können.» In schwierigen Situationen stehen er und sein Team dem SiBe-Neuling zur Seite. Doch damit es gar nicht erst so weit kommt, setzt er auf konsequente Aus- und Weiterbildung. 

      Alain Groelly, Sicherheitsbeauftragter bei Marti

      «Wer die zehn Punkte des EKAS-Sicherheitssystems befolgt, ist auf der sicheren Seite», bestätigt Alain Groelly. Er ist ebenfalls für ein namhaftes Unternehmen als SiBe unterwegs. Nach seinen unangemeldeten Baustellenbesuchen teilt er seine Erkenntnisse den jeweiligen Teammitgliedern mit. Der Sicherheitsbeauftragte der Marti AG ist sich stets bewusst, wie schnell etwas passieren kann. Deshalb ist für ihn Sicherheit nie ein hohles Wort, weder auf der Strasse, noch auf der Baustelle und auch nicht zu Hause.

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      Alain Groelly, SiBe bei Marti Zürich AG

      «Wenn Geschäftsleitung und Belegschaft nicht auf Sicherheit Wert legen, ist der SiBe ein Rufer in der Wüste, auf verlorenem Posten.»

      SiBes brauchen oft einen langen Atem

      An jedem Arbeitsplatz gilt es, trotz Zeit- und Wirtschaftsdruck, Unfälle zu verhindern. «Das geht nur über konsequentes Qualitätsmanagement», erklärt er. «Wir machen Feststellungen, schreiben Berichte ans Management und die Baustellenleitung und definieren die nötigen Anforderungen. Die beanstandeten Punkte thematisiere ich so lange, bis sie behoben sind – auch auf die Gefahr hin, dass ich mich unbeliebt mache.»

      Sicherheit muss man immer ernst nehmen

      Als SiBe macht man sich zuweilen unbeliebt, aber dafür wird man respektiert. In erster Linie geht es darum, die Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen. In zweiter Linie um das Unternehmen selbst. Da gilt es, Ausfallzeiten und Prämienanstiege zu verhindern. «Ich höre oft ‹Könnten wir es nicht schnell ohne dies oder das machen, es wird schon nichts passieren›, aber da bleibe ich hart. Als Fasnächtler und Laienschauspieler kann ich meine humorvolle Seite in der Freizeit ausleben, doch bei der Arbeitssicherheit verstehe ich keinen Spass.»

      Fredel Abegglen, Sicherheitsbeauftragter bei Gasser Felsbau

      «Zusammen versetzen wir Berge» lautet das Motto der Innerschweizer Spezialfirma für Fels- und Sprengtechnik, bei der Fredel Abegglen als Sicherheitsbeauftragter wirkt. «Berge versetzen heisst aber nur bedingt Kraftakte vollbringen. Im Gelände, bei Wind und Wetter geht es vor allem um geschicktes und bedachtes Vorgehen. Ohne konsequente Sicherheitskultur wären wir bald nicht mehr im Geschäft», sagt er mit einer Pause – er weiss, was alles passieren könnte. 

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      Fredel Abegglen, SiBe bei Gasser Felstechnik AG Lungern

      «Etwas vom Wichtigsten: Ein SiBe ist kein Polizist, sondern ein Berater. Er zeigt Lösungen auf, welche die Mitarbeiter nachvollziehen und selber erarbeiten können. Das braucht Geduld, zahlt sich aber vielfach aus.»

      Nicht für alles gibt es ein Regelbuch

      «Andererseits decken die Reglemente nicht all unsere täglichen Herausforderungen ab. Es gibt Situationen, in denen ich die Sicherheit der Beteiligten und der Umgebung nach eigenem Ermessen abschätzen muss.» Das gehe erst mit viel Erfahrung, die man am Anfang natürlich noch nicht haben könne, gibt er zu bedenken. Deshalb wäre es fahrlässig, jemanden zum SiBe zu bestimmen, der sich diese verantwortungsvolle Aufgabe nicht zutraut oder noch nicht erfahren genug dafür ist.

      Die Sicherheitskultur leben

      Und wann hat ein Sicherheitsbeauftragter seine Arbeit gut gemacht? «Wenn eine Baustelle ohne Zwischenfälle abgeschlossen werden kann – das ist das Schönste für mich. Am meisten freut mich, wenn Mitarbeitende ohne Aufforderung kleine Unsicherheiten oder Gefahren in Ordnung bringen. Das ist gelebte Sicherheitskultur.»

      Leben für die Sicherheit 

      Leben für die Sicherheit 

      Kaum jemand, der mit Sicherheit und Prävention zu tun hat, findet Zeit, sich mit der eigenen Rolle zu beschäftigen. Was schätzen Sicherheitsprofis an ihrer Arbeit und verzweifeln sie manchmal auch? 
      Roundtable zum Thema Sicherheit, Teil 1
      «Eine gute Fehlerkultur ist Pflicht» 

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      Kaum jemand, der mit Sicherheit und Prävention zu tun hat, findet Zeit, sich mit der eigenen Rolle zu beschäftigen. Wie treten Sicherheitsprofis mit Mitarbeitenden und Führungskräften in Kontakt? 
      Roundtable zum Thema Sicherheit, Teil 2

      Fazit

      Der Einstieg als SiBe gelingt Ihnen, wenn Sie von Anfang an die richtigen Weichen stellen und folgende Punkte beachten:

      • Übernehmen Sie Verantwortung.
      • Seien Sie in jeder Situation ein Vorbild.
      • Diskutieren Sie nie über Sicherheit.
      • Investieren Sie in eine gute Aus- und Weiterbildung
      • Erweitern Sie Ihr Fachwissen.
      • Motivieren Sie statt zu belehren.
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      Die Aufgaben von Sicherheitsbeauftragten

      Für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz sind verschiedene Akteure verantwortlich: 

      • Die Gesamtverantwortung liegt bei der Unternehmensleitung. 
      • Die Arbeitnehmenden stehen in der Pflicht, die Vorgaben des Managements umzusetzen. 
      • Den Spezialistinnen und Spezialisten Arbeitssicherheit obliegt die Fachverantwortung.
      • Im Schnittfeld dieser drei stehen die Sicherheitsbeauftragten.

      Damit Sie die Funktion als SiBe ausfüllen können, brauchen Sie eine entsprechende Ausbildung. Mit diesem fachlichen Background sind Sie in der Lage, Ihre anspruchsvolle Aufgabe wahrzunehmen.

      • die Weisungen des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin befolgen
      • die Sicherheitsregeln richtig umsetzen
      • die Arbeitsmittel gemäss Herstellerhinweisen oder anderen Vorgaben verwenden
      • die Sicherheitseinrichtungen weder manipulieren noch ignorieren
      • die PSA (Persönliche Schutzausrüstung) vollumfänglich benützen
      • weder alkoholisiert noch in einem anderen rauschähnlichen Zustand ihre Arbeit ausführen
      • die Notfallregeln kennen
      • bei Bedarf Termine für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen
      • auf Mängel bei der Arbeitssicherheit oder beim Gesundheitsschutz hinzuweisen und dafür zu sorgen, dass die Defizite behoben werden
      • die Unternehmensleitung zu informieren, wenn Sie gefährliche Situationen antreffen, die Sie nicht eigenständig beheben können
      • das Team regelmässig für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz zu sensibilisieren (die Suva stellt Ihnen dazu zahlreiches Schulungsmaterial zur Verfügung)

      Was, wie und wie viele?

      Was heisst SiBe?

      SiBe ist das Kürzel für Sicherheitsbeauftragter bzw. Sicherheitsbeauftragte. Dabei handelt es sich um speziell ausgebildete Fachkräfte. Im Auftrag des Managements sorgen sie dafür, dass die Vorgaben der Unternehmensleitung in den Bereichen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz umgesetzt und Mängel behoben werden. Für die Betriebe sind SiBes wichtig, weil Arbeitgebende gemäss Unfallversicherungsgesetz (UVG) verpflichtet sind, die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu schützen. 

      In diesem Zusammenhang taucht auch öfters das Kürzel KOPAS (Kontaktperson für Arbeitssicherheit) auf. Diese Berufsleute verfügen über eine Grundausbildung im Bereich Sicherheits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

      Welche Aufgaben müssen SiBes übernehmen?

      In einer Chemiefabrik sieht der Aufgabenkatalog anders aus als in einem Krankenhaus oder in einer Baufirma. Deshalb ist es notwendig, dass die Aufgabenbereiche in einem Funktionsdiagramm festgehalten werden. Die grundsätzliche Aufgabe von Sicherheitsbeauftragten bleibt jedoch immer dieselbe: Risiken erkennen, Lösungen anbieten und konsequent dafür sorgen, dass die Gefahr beseitigt wird. 

      Auf unserer Seite Entwicklung einer Präventionskultur finden Sie sechs Leitsätze für SiBes, die Ihnen im Arbeitsalltag helfen. 

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      Wie viele SiBes braucht es in einem Betrieb? 

      Diese Frage ist abhängig von der Grösse, aber auch von der Branche. Für einige Unternehmen ist eine betriebliche Sicherheitsorganisation – die auch SiBes mit einschliesst – obligatorisch. Betriebe mit besonderen Gefahren sind bereits ab zehn Mitarbeitenden verpflichtet, die Sicherheit gezielt zu organisieren. Für Betriebe ohne besondere Gefahren gilt dies ab einer Grösse von fünfzig Mitarbeitenden. Mehr dazu auf Seite 7 in der EKAS 6508  «Richtlinie über den Beizug von Arbeitsärzten und anderen Spezialisten der Arbeitssicherheit (ASA-Richtlinie)».

      In Kleinstbetrieben übernimmt oft der Inhaber oder die Inhaberin die Rolle des Sicherheitsbeauftragten, oder die Firmenleitung bestimmt eine Kontaktperson für Arbeitssicherheit, kurz KOPAS. 

      Wenn Sie noch mehr dazu erfahren möchten, lesen Sie unsere Informationsschrift Die Sicherheit organisieren. Sie können die zwölfseitige Broschüre bestellen oder herunterladen.

      Ist man als SiBe haftbar? 

      Zweifelsohne tragen Sicherheitsbeauftragte eine nicht zu unterschätzende Verantwortung. Sie unterstützen und beraten Arbeitgebende und Vorgesetzte bei allen relevanten Fragen rund um die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz. Dabei wird vorausgesetzt, dass sie fachlich versiert und ihre Empfehlungen richtig sind. Die Gesamtverantwortung für die Arbeitssicherheit liegt jedoch bei der Arbeitgeberin oder beim Arbeitgeber.

      Sind Sicherheitsbeauftragte weisungsbefugt?

      Innerhalb eines Unternehmens müssen die Zuständigkeiten klar geregelt sein. In kleineren Betrieben sind SiBes oft der Geschäftsleitung direkt unterstellt. Folglich besitzen sie keine Weisungsbefugnis.

      Was Interessierte auch noch wissen wollten

      Gut ausgebildete Sicherheitsbeauftragte sind gesuchte Fachkräfte und werden entsprechend bezahlt. Eine gute Ausbildung und breite Erfahrung sind wichtige Lohnfaktoren. Auch die Branche und die Komplexität der Materie wirkt sich auf die Gehälter aus. Auf dem Portal jobs.ch  finden Sie nähere Angaben zum Lohnmittel.

      Der Aufgabenbereich ist umfassend. Gemäss dem 10-Punkte-Sicherheitssystem der EKAS  (Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit) sind Sicherheitsbeauftragte bei der Definition der Sicherheitsziele über die Massnahmenplanung bis hin zur Kontrolle involviert. Die Tätigkeitsbereiche können Sie weiter oben unter dem Titel «Die Aufgaben von Sicherheitsbeauftragten» nachlesen.

      In der Schweiz existiert weder eine Organisation noch eine Institution oder ein Unternehmen namens SiBe. Das Kürzel steht für Sicherheitsbeauftragter/Sicherheitsbeauftragte und bezeichnet somit eine Funktion in einem Unternehmen.

      Ja, wenn eine Firma als «Betrieb mit besonderen Gefahren» eingestuft wird. Dies ist dann der Fall, wenn das Unternehmen explosionsgefährliche, besonders brandgefährliche oder besonders gesundheitsschädliche Stoffe verarbeitet oder lagert. Dann ist der Betrieb bereits ab einer Grösse von zehn Mitarbeitenden verpflichtet, ein Sicherheitskonzept inkl. SiBe auszuarbeiten. Bei anderen Unternehmen ist dies erst dann Pflicht, wenn es fünfzig und mehr Personen beschäftigt.

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