Gesamterneuerungswahlen Suva-Rat 2024: Ein Blick hinter die Kulissen
Die erste konstituierende Sitzung des neu zusammengesetzten 40-köpfigen Gremiums fand am 9. Januar 2024 in Luzern statt. Suva-Generalsekretär Marc Epelbaum kennt die Gesamterneuerungswahlen bestens. Denn er hat diese nicht nur mitkoordiniert, sondern auch die erste konstituierende Sitzung organisiert. Wir haben nachgefragt.
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Der neue Suva-Rat ist für die Amtsperiode 2024-2027 bestellt. Sie haben die erste konstituierende Sitzung am Hauptsitz in Luzern nicht nur organisiert, sondern auch miterlebt. Was war für Sie das Highlight des Tages?
Ich habe zwei Highlights: Erstens mitzuerleben, wie sich das neue Gremium versammelt und sich konstituiert. Konkret: Wie sich die 40 Mitglieder des Suva-Rates selbst aufstellen, als erstes ihren Präsidenten sowie die Vizepräsidenten und anschliessend den Suva-Ratsausschuss sowie die drei Kommissionen Finanzaufsicht, Immobilienaufsicht und die Militärversicherung wählen. Man spürte den Willen, einvernehmliche Wahlen und keine Kampfwahlen durchführen zu können.
Mein zweites Highlight war zu sehen, wie der ehrwürdige Verwaltungsratssaal, in welchem der Suva-Rat zweimal pro Jahr tagt, auf seine Mitglieder wirkt. Der Saal wurde 1918 nach dem Vorbild des Ständerats-Saales in Bern von den Architekten Gebrüder Pfister erstellt. Als Mitglied des Suva-Rates mitzuarbeiten, bedeutete damals einen Beitrag zum Werkplatz Schweiz zu leisten. Das hat sich bis heute nicht verändert.
Wie wird man Mitglied des Suva-Rates, dem obersten Leitungsorgan – kann sich jede und jeder bewerben?
In Art. 63 UVG ist die Zusammensetzung des Suva-Rates genau geregelt: Er muss sich sozialpartnerschaftlich zusammensetzen – also aus je 16 Vertretern von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden. Komplettiert wird der Suva-Rat mit einer dritten, neutralen Gruppe mit acht Vertreterinnen und Vertretern des Bundes.
Das Gesetz sieht auch vor, dass die Verbände das Recht haben, dem Bundesrat Kandidaturen für den Suva-Rat vorzuschlagen. Soweit die Theorie. In der Praxis sind es in der Regel die Suva-Gruppenpräsidenten der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, welche aus den Suva-versicherten Branchen unter anderem basierend auf dem Prämienvolumen und der Anzahl Mitarbeitenden sowie der Grösse und Reichweite des Verbandes die möglichen Kandidaturen identifizieren.
Was ist Ihre Aufgabe als Generalsekretär bei den Erneuerungswahlen?
Einerseits koordiniere ich gemeinsam mit dem Suva-Ratspräsidium und dem Eidg. Department des Innern (EDI) die Erneuerungswahlen des Suva-Rates. Andererseits stehe ich dem Ratspräsidenten sowie dem EDI bei der Wahl der Gruppe der Bundesvertreterinnen und -vertreter unterstützend zur Seite und helfe bei der Suche für passende Nominationen.
Liegt uns die Liste der Nominationen vor, leiten wir sie an das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das EDI weiter. Dabei gilt es, die erforderlichen Quoten – Landesteile, Berufsarten und Geschlecht – zu berücksichtigen. Danach warten wir den Wahlbeschluss des Gesamtbundesrates Ende Jahr ab. Ist dieser erfolgt, erledigen wir als letzten Schritt diverse Formalitäten, so zum Beispiel die Wahlannahme-Erklärung der Gewählten einholen.
Marc Epelbaum, Generalsekretär der Suva
«Die gelebte Sozialpartnerschaft ist neben Prävention, Versichern und Wiedereingliederung eine tragende Säule unseres Geschäftsmodells.»
War der Bundesrat mit der Longlist immer nur zufrieden?
Sie fragen nach einem Skandal im Suva-Rat? Es gibt keinen – und selbst wenn es einen gegeben hätte, ich würde es Ihnen nicht verraten.
Es ist ihre zweite Gesamterneuerungswahl seit Ihrer Amtszeit als Generalsekretär. Was hat sich am meisten beim Suva-Rat verändert?
Im Vergleich zum scheidenden Suva-Rat fallen bei der Zusammensetzung des neuen Suva-Rates zwei Dinge auf: Der neue Suva-Rat ist weiblicher und jünger geworden. Konkret: Der Frauenanteil ist von 32.5 % auf 42.5 % angestiegen, allerdings entspricht dies den Zielvorgaben des Bundesrates für die obersten Leitungsorgane der bundesnahen Unternehmen und Anstalten. Nominationslisten, welche das Kriterium eines Frauenanteils von mindestens 40 % nicht erfüllen, weist der Bundesrat zurück. Das Durchschnittsalter der Ratsmitglieder ist im Vergleich zu den scheidenden Mitgliedern leicht zurückgegangen, und zwar um etwas mehr als drei Jahre auf 54 Jahre.
Wird sich aufgrund der personellen Veränderung – weiblicher und jünger – auch die Strategie der Suva ändern?
Der Suva-Rat, der sich nur zweimal jährlich versammelt, verantwortet insbesondere die Festlegung der langfristigen strategischen Ziele, der Grundsätze der Prämienbestimmung oder der Personalpolitik. Sie merken es, schnelle Änderungen finden im Suva-Rat deshalb nicht statt. Eine Vielzahl an Kompetenzen hat der Suva-Rat jedoch dem Suva-Ratsausschuss übertragen. Das 8-köpfige, ebenfalls sozialpartnerschaftlich zusammengesetzte Gremium entscheidet nicht nur über alle in seiner Kompetenz liegenden Geschäfte, sondern es bereitet auch alle Geschäfte vor und stellt dazu Anträge, welche schliesslich durch den Gesamt Suva-Rat entschieden werden.
Inwiefern oder ob sich überhaupt aufgrund der personellen Veränderungen im Rat an der Strategie etwas ändern wird, vermag ich heute nicht zu sagen. Ich bin jedoch überzeugt, dass auch die neuen Mitglieder des Rates sich zum Wohle des Werkplatzes Schweiz einsetzen werden.
Das heisst, die Musik spielt im Suva-Ratsausschuss?
Der Suva-Ratsausschuss bereitet sehr viel vor. Deshalb trifft er sich auch mindestens 6-mal im Jahr, damit die Suva auch rasch auf Veränderungen in ihrem Umfeld reagieren kann. Das Gleiche gilt auch für die Finanzaufsichts- sowie die Immobilienaufsichtskommission, welche sich in höherer Kadenz als der Suva-Rat treffen. Auf unserer Themenseite finden Sie mehr Informationen zur Zusammensetzung des Suva-Rates.
Im Suva-Rat und somit seinen Gremien treffen Vertreterinnen und Vertreter von Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerverbänden aufeinander, die aufgrund ihrer Rolle oftmals eine diametral andere Meinung haben. Sind hitzige Diskussionen an der Tagesordnung?
Die Gremien des Suva-Rates setzen sich aus Verbandsmitgliedern zusammen, die sich für die Anliegen ihres Verbandes beziehungsweise ihrer Branche engagieren. Somit sind zuweilen Diskussionen um die Sache Programm, alles andere wäre auch verwunderlich. Aber genauso funktioniert unsere Sozialpartnerschaft: Sie lebt in der Auseinandersetzung. Die gelebte Sozialpartnerschaft ist neben Prävention, Versichern und Wiedereingliederung eine tragende Säule unseres Geschäftsmodells. Denn am Ende gilt immer: Ausgewogene und tragfähige Lösungen für unsere Versicherten zu finden. Sie stehen im Zentrum.
Was geschieht, sollten sich die Sozialpartner für einmal nicht einig sein?
Bei Abstimmungen entscheidet die Mehrheit der Stimmen. Ein Beschluss ist somit meines Wissens noch immer zustande gekommen. Denn die Vertreter des Bundes, welche als neutrale Kraft in der Mitte der beiden Interessensgruppen stehen, haben bei einer Patt-Situation die entscheidende Stimme. Es passiert zwischendurch, dass die Gruppe der Bundesvertreterinnen und -vertreter einmal im Sinne der Arbeitgeber und einmal im Sinne der Arbeitnehmer entscheiden.
Was ist für Sie der Reiz an der Zusammenarbeit mit dem Suva-Rat – oder ganz generell an Ihren Aufgaben bei der Suva?
Spannend für mich ist die Vielfalt der Themen, die im Suva-Rat zusammenkommt. Die Bedürfnisse von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite – sei es bei der Prämienpolitik, beim Gesundheitsschutz oder der Wiedereingliederung. Aber auch finanzielle Belange wie eine Anlagestrategie oder gesellschaftliche Themen wie beispielsweise die Nachhaltigkeit oder eine Personalstrategie werden diskutiert. Interessant ist stets zu realisieren, dass auch wenn es um unterschiedliche Interessen geht, sich die Sozialpartner stets für den Werkplatz Schweiz einsetzen.
Zum Schluss: Welchen Tipp geben Sie den neugekürten Suva-Rätinnen und Suva-Räten mit auf den Weg?
Keinen Tipp, lieber einen Dank für deren Engagement im Suva-Rat und deren kontinuierlichen Einsatz, tragfähige Lösungen für unsere Versicherten und unseren Werkplatz Schweiz zu finden.