Solarmonteur stürzt durch Oblicht 8 Meter tief
Ein Unfallbeispiel zur Arbeit auf Dächern demonstriert, welche Folgen es haben kann, wenn Sicherheitsregeln nicht eingehalten werden. Unsere Analyse soll Ihnen als Instruktionshilfe dienen, mit der Sie die Unfallursachen gemeinsam mit Ihren Mitarbeitenden analysieren und wichtige Lehren daraus ziehen können.
Inhalt
Kurz und bündig
Bei der Montage einer Photovoltaik-Anlage trägt ein Monteur Solarpanels über ein Flachdach. Dabei tritt er auf ein Kunststoff-Oblicht, bricht ein und stürzt 8 Meter in die Tiefe. Die Abklärungen zum Unfall ergeben mehrere Unfallursachen.
- Das Oblicht ist weder durchbruchsicher noch gegen Betreten gesichert.
- Um die Solarpanels von der Stelle, wo sie der Kran deponiert hat, zum Montageort zu tragen, müssen die Arbeiter das Oblicht überqueren. Dafür fehlt jedoch eine sichere Vorrichtung.
- Der Monteur tritt ungewollt auf das Polycarbonat-Material des Oblichts, das sofort bricht.
Unsere Analyse dokumentiert den Unfall, benennt die Ursachen und formuliert Empfehlungen. Sensibilisieren Sie damit Ihre Mitarbeitenden und vermitteln Sie ihnen die «Lebenswichtigen Regeln für das Arbeiten auf Dächern».
Was ist passiert?
Jonas F. arbeitet im Montagetrupp von Vorarbeiter Stefan D. auf dem Dach einer Industriehalle. Seit zwei Tagen montieren sie auf dem ausgedehnten Flachdach eine grosse Photovoltaikanlage. Dazu müssen sie die PV-Panels vom Materialdepot über ein 1 Meter breites Oblicht aus Polycarbonat zum Montageort tragen.
Jonas F. nimmt eines der Panels vom Stapel und trägt es über das gewölbte Oblicht. Er wagt es nicht, direkt auf die Oblicht-Elemente zu treten, doch er vertraut darauf, dass die Metallleisten an den Stössen der Elemente halten werden.
Doch bei seinem Balanceakt mit einem PV-Panel in den Händen verliert er für einen Moment das Gleichgewicht und tritt neben die Metallleiste auf den Kunststoff. Dieser bricht sofort unter seinen Füssen ein. Jonas F. stürzt durch das Oblicht auf den acht Meter tiefer gelegenen Hallenboden. Beim Aufprall erleidet er schwere Kopf- und Rückenverletzungen.
Jonas F. überlebt, doch sein Absturz lässt ihn querschnittgelähmt zurück. Nach mehreren Operationen und monatelangen Behandlungen im Spital und in der Rehaklinik kämpft er sich ins Leben zurück, bleibt aber auf Pflege angewiesen.
Gegen den Vorarbeiter Stefan D. und den Geschäftsinhaber Albert K. wird ein Strafverfahren eingeleitet.
Analyse der Fehlerkette
Wenn Sie den Fall Jonas F. zusammen mit Ihren Fachkräften genauer anschauen, wird schnell klar, dass mehrere Ursachen für diesen Arbeitsunfall verantwortlich sind.
Warum kommt es zum Unfall?
Das Oberlicht ist nicht durchbruchsicher und sollte durch einen dauerhaften Kollektivschutz gesichert sein. Ein solcher Schutz fehlt.
Betrachten Sie Oberlichter aus Kunststoff nie als durchbruchsicher. Wenn sie für Personen zugänglich sind, müssen sie gesichert werden – zum Beispiel mit einem Schutzgitter.
Schutzvorkehrungen waren unvollständig
Der Kran hat die Solarpanels aus Platzgründen auf der anderen Seite des Oberlichtfensters abgestellt. Um die Panels zu holen und zum Montageort zu transportieren, müssen die Monteure daher das Oberlicht überqueren. Es fehlt jedoch ein sicherer Weg: Die Arbeiter hätten zum Beispiel einen Steg erstellen müssen.
Bei Gefahr hat niemand STOPP gesagt
Der Montagetrupp hätte die Arbeiten auf dem Flachdach nie aufnehmen dürfen, solange das Oblicht nicht gesichert war. Arbeitgeber und Vorgesetzte hätten die Gefahren zuvor ermitteln und die notwendigen Sicherheitsmassnahmen planen müssen. Das Unglück nahm seinen Lauf, weil niemand STOPP sagte.
Rechtliche Grundlagen
Verschiedene Verordnungen regeln die relevanten Punkte dieses Falles – insbesondere die Anforderungen an Schutzvorrichtungen gegen Absturz.
Bauarbeitenverordnung (BauAV)
- Art. 3
Planung von Bauarbeiten - Art. 9, 10, 11, 12, 13
Arbeitsplätze und Verkehrswege - Art. 44 und 45
Schutz vor Stürzen durch das Dach
Verordnung über die Unfallverhütung (VUV)
- Art. 3ff
Pflichten des Arbeitgebers