«benefit» 1_20 Rubrik «Schwerpunkt» Roman Ribi
16. April 2020 | von Regula Müller

So tickt Ribi

Der Suva-Botschafter und Bauleiter Roman Ribi steht für die Vorgaben der Suva ein. Trotzdem ist er sich bewusst, dass auch auf seinen Baustellen tagtäglich Fehler passieren. Wird aber eine lebenswichtige Regel verletzt, ist das für ihn ein absolutes No-Go.

Inhalt

      Eine grosse Baustelle in Oerlikon. Coop baut das Center Eleven (Baujahr 2001) um. Bei laufendem Betrieb, seit über einem Jahr. Roman Ribi (47) ist als Bauleiter praktisch täglich vor Ort. Und genauso häufig sieht er Arbeitssituationen, die nicht den Vorgaben der Suva entsprechen. «Das ist nun mal die Realität auf einer Baustelle», ist sich Ribi bewusst. So traf ein Stück einer PVC-Leitung den Kopf eines Arbeiters beim Rückbau einer Wand. Dieser trug keinen Helm und fiel für zwei Wochen mit einer Gehirnerschütterung aus. In einer anderen brenzligen Situation kletterte ein Handwerker in vier Metern Höhe aus der Hebebühne auf ein Elektrotrasse. «Der hatte seinen Kopf für einen Moment ausgeschaltet und wollte einfach seine Arbeit gut machen», erklärt Ribi das Vorgehen. Natürlich habe er ihn sofort runterzitiert. «Der Hauptgrund für fehlerhaftes Arbeiten ist nebst dem wirtschaftlichen Druck, der auf jeder Baustelle herrscht, auch das mangelnde Bewusstsein über die lauernden Gefahren.» Ab und an sei aber auch eine ungenügende oder gar fehlende Ausbildung hinsichtlich der Arbeitssicherheit Auslöser für solche Situationen.

      Der Vorgesetzte muss die Regeln kennen

      Für manches habe er ja Verständnis, denn Zeit sei Geld. Auch er wolle wirtschaftlich arbeiten und keine Zeit mit Sicherheitsvorschriften verlöffeln. «Wo es lebensgefährlich wird, kenne ich aber kein Pardon.» Die lebenswichtigen Regeln, welche die Suva für unterschiedliche Branchen entwickelt hat, müssten zwingend eingehalten werden. «Damit die Leute auf dem Bau die Regeln auch umsetzen, muss man ihnen erklären, wovor die Regel schützt.» Das vorzeitige Untersuchen von verdächtigen Bausubstanzen beispielsweise schützt vor Asbesterkrankungen. Diese Abklärungen haben bei dieser Baustelle ergeben, dass das Gebäude asbestfrei ist. «Das grösste Problem ist mitunter, dass die lebenswichtigen Regeln noch nicht allen bekannt sind.»
      Die Hauptverantwortung sieht Ribi ganz klar bei den Vorgesetzten. Diese hätten die Pflicht, sich für die lebenswichtigen Regeln zu interessieren, diese bekannt zu machen und durchzusetzen. «Es sind pro Branche acht bis zehn Regeln. Diese auswendig zu kennen, ist nicht zu viel verlangt.» Von oben nach unten müssten diese vermittelt werden, und der Vorgesetzte müsse mit voller Überzeugung dahinterstehen und diese auch durchsetzen. Nur so sei es innerhalb der Hierarchien auf einer Baustelle auch möglich, auf Fehler hinzuweisen.

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      Zu den Regeln

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      Die Mitarbeitenden unterstützen

      Letzthin hätte ihn ein Schweisser um Hilfe gebeten. Der Schweisser selber hätte mit der korrekten Schutzausrüstung gearbeitet. Aber nur wenige Meter daneben habe ein Maler eine Wand anstreichen müssen und sei ebenfalls dem Lichtbogen und der Gefahr der Schweissblende ausgesetzt gewesen. «Ich habe dem Maler eine andere Arbeit zugeteilt.» Es liege in einem solchen Moment an ihm als Bauleiter, eine Lösung für das Problem aufzuzeigen. «So habe ich das Anliegen des Schweissers ernst genommen und ihm gezeigt, dass ich für die Sicherheit auf der Baustelle einstehe.»

      Die Suva nervt manchmal

      Obwohl Ribi als Botschafter für die Suva auftritt, ist er auch ab und an kritisch mit ihr. Verschmitzt gibt er zu: «Ehrlich gesagt, keiner will die Suva unangemeldet auf der Baustelle haben.» Es sei halt unangenehm, auf Fehler hingewiesen zu werden, was mitunter die Aufgabe der Sicherheitsexperten der Suva sei. So laufe während des Besuchs sicher einer ohne Helm durch die Gegend oder eine Absturzsicherung sei einige Zentimeter zu tief oder aber die Sicherheitsschuhe würden nicht getragen. «Aber hey», verteidigt sich Ribi, «eine aufgeräumte und saubere Baustelle verhindert möglicherweise mehr Unfälle als beispielsweise eine um zwei Zentimeter zu tiefe Absturzsicherung.»

      Stopp rufen ist eine Pflicht

      Aber natürlich steht Ribi hinter den Vorschriften der Suva. So findet er es unbedingt notwendig, dass bei Gefahr Stopp gesagt wird. Er erlebt aber auf seinen Baustellen auch, warum das so schwierig ist. Bei einem Umbau arbeiten die unterschiedlichsten Firmen zusammen. Es sind Elektriker vor Ort, Maurer, Sanitäre. «Da will kaum einer den Kollegen oder die Kollegin darauf hinzuweisen, dass diese nicht genügend gesichert sind oder keine Schutzkleider tragen.» Auch innerhalb derselben Firma geschehe dies wegen interner Hierarchiestufen kaum. Das dürfe aber nicht sein. «Wenn dir was auffällt, rufe Stopp, egal, welche Position du hast. Es geht hier um Menschenleben und um nichts anderes.»

      Ribi on Tour

      Auf Schweizer Baustellen gibt es immer noch viel zu viele schwere Unfälle mit Toten und Verletzten. Warum eigentlich? Roman Ribi will es in der Videoserie «Ribi on Tour» wissen und spürt zusammen mit seinem Kameramann den Gefahren und dem Umgang mit den lebenswichtigen Regeln auf Baustellen nach. Der selbstständige Bauleiter und ehemalige Schreiner spricht mit Berufsleuten, die ihr Handwerk verstehen. Ehrlich, offen, von Mensch zu Mensch. Klicken Sie rein und schauen Sie, was dabei herausgekommen ist.

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