Mit schwersten Verbrennungen über- und weiterleben
Philipp Bosshard arbeitete im Spezialtiefbau als sich das Gasgemisch in einem Bohrschacht in zehn Metern Tiefe entzündete. Die Brandverletzungen liessen ihn unglaubliche Schmerzen durchleben. Nun meistert er sein Leben, indem er professionell Triathlon trainiert.
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Schwerste Hautverbrennungen
Philipp Bosshard (36) rennt und schwimmt und fährt Velo – jeden Tag viele Kilometer. Nach seinem Unfall, bei dem 88 Prozent seiner Haut schwerste Verbrennungen erlitten, hat er mit dem Triathlon-Training begonnen. «Das Training unterstützt mich körperlich wie seelisch», sagt Philipp Bosshard. «Zum einen bringt es mich dazu, mit Menschen in Kontakt zu treten und mich nicht abzuschotten. Zum andern hält das Training meine Haut – respektive das Narbengewebe – beweglich.»
Gefangen in den Flammen
Es war der 2. Juni 2014 als Philipp Bosshard in seinem Job im Spezialtiefbau in einen 62 Zentimeter breiten und zehn Meter tiefen Bohrschacht stieg. Dort verrichtete er Schweissarbeiten – das Gasgemisch entzündete sich. «In einem Bruchteil von Sekunden stand die Röhre in Flammen und ich war mittendrin. Bis die Sanitäter mich am Unfallort sedierten, war ich bei vollem Bewusstsein.» Solch schwere Verbrennungen, die den ganzen Körper betreffen, seien eigentlich nicht zu überleben, so die Annahme der Ärztinnen und Ärzte.
Höllische Schmerzen und himmlische Gedanken
Es folgte eine 13-stündige Operation, zwei Monate lag Philipp Bosshard danach im künstlichen Koma, weiterer zwölf Monate verbrachte er auf der Intensivstation mit unzähligen Operationen. Mitte 2015 durfte Bosshard das Spital verlassen und in die Rehabilitationsklinik Bellikon übertreten. Auch hier verbrachte er ein ganzes Jahr. «Die Zeit auf der Verbrennungsintensivstation war eine sehr dunkle. Die Schmerzen waren kaum zu ertragen und ein Rückschlag jagte den nächsten.» Alle fünf Tage mussten unter Vollnarkose die Verbände gewechselt werden. Ablenkung fand Bosshard in Gedankenreisen, die ihn in die Berge zum Skifahren führten. «Dadurch habe ich neuen Lebensmut geschöpft.»
Trainieren als Profi-Triathlet
Zwei Jahre nach dem Unfall konnte Bosshard nach Hause. Er musste einen Weg finden, seinen Körper täglich zu bewegen, da sich seine Haut jeweils über Nacht sehr stark zusammenzieht. Ausserdem war seine Ausdauer auf ein Minimum gesunken. «Ich wollte wieder ohne Pause eine Treppe hochgehen können. So startete ich mit dem Lauf- später mit dem Velotraining. Schwimmen kam als dritte Disziplin dazu.» Rasch begann er mit einem Trainingsplan zu arbeiten, zog ins Engadin und trainiert Seite an Seite mit Profis wie Daniela Ryf. 2019 absolvierte Bosshard seinen ersten Triathlon über die olympische Distanz. Diesen Herbst bestritt er in Holland seinen ersten Langdistanz Triathlon.
Mit Lebensfreude durch den Tag
Philipp Bosshard hat seine positive Lebenseinstellung auch durch den Unfall nicht verloren. Diese habe ihm geholfen, mit dem Geschehenen umzugehen. «Ich habe gelernt meinen neuen Körper anzunehmen. Ich hadere nicht mit ihm.» Zu schaffen machen dem 36-jährigen jedoch die Blicke der Passanten. Egal wohin er geht, er steht immer ungewollt im Mittelpunkt. «Mein Äusseres hat sich durch den Unfall zwar verändert, doch meine Persönlichkeit ist dieselbe geblieben.»