Optimale Baulogistik: Schlüssel zum körperschonenden Lastentransport
Mitarbeitende auf Baustellen sind beim Handhaben von Lasten besonders hohen körperlichen Belastungen ausgesetzt. Hier erfahren Sie, wie alle Beteiligten, von der Bauherrschaft bis zu den ausführenden Unternehmen diese Belastungen minimieren können: mit dem systematisch geplanten Einsatz von Hilfsmitteln beim Lastentransport.
Inhalt
Kurz und bündig
Unternehmen des Ausbaugewerbes haben nur beschränkt Einfluss auf die Baustelleneinrichtung. Damit können Sie auch die Bedingungen, wie sie Lasten auf Baustellen transportieren, kaum steuern. Allzu oft werden dann schwerste Lasten unter behelfsmässigen Umständen, zum Beispiel von Hand versetzt. Und dies führt zu körperlichen Überlastungen der Mitarbeitenden, Beschwerden am Bewegungsapparat und im schlimmsten Fall zu dauerhaften Erkrankungen.
Eine umfassende Planung der Baulogistik ist der Schlüssel, um dies zu verhindern:
- Berücksichtigen Sie die Massnahmen für einen körperschonenden Lastentransport schon in der Planung, dann können sie auch auf der Baustelle umgesetzt werden.
- Voraussetzungen dafür ist eine aktive Zusammenarbeit aller am Bau beteiligten Parteien: Bauherrschaft, Planungsbüros, Bauleitung und ausführende Unternehmen.
- Für die Planung der Baulogistik steht Ihnen auf dieser Seite ein Leitfaden für die Projektabwicklung als Download zur Verfügung. Ausserdem bietet das Projekt OptiBau eine Umsetzungshilfe an.
- Optibau, ein gemeinsames Projekt von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Durchführungsorganen, hat die Schlüsselemente für einen körperschonenden Lastentransport definiert und die Basis für Leitfaden und Umsetzungshilfe gelegt.
Schwere Lasten – schwere körperliche Folgen
Übermässige körperliche Belastungen gehören zu den häufigsten Gründen für Beschwerden am Bewegungsapparat. Diese Beschwerden führen auch oft zu Arbeitsausfällen und verursachen nach Schätzungen einen Drittel aller Absenztage von Mitarbeitenden.
Personen, die auf Baustellen arbeiten, sind von dieser Problematik besonders betroffen. Wenn Baufachleute wegen dieser Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) sogar den Beruf wechseln müssen, bedeutet dies vor allem anderen menschliches Leid und eine schwierige Situation für die Betroffenen. Andererseits verlieren auch die Unternehmen wertvolles erfahrenes Personal und damit viel Know-how.
Das Video Schwere körperliche Belastungen illustriert das Problem und zeigt Lösungsansätze auf.
Optimale Baulogistik: körperschonender Lastentransport
Es gilt also, auf Baustellen, einen körperschonenden Lastentransport zu gewährleisten. Voraussetzung dafür ist eine umfassend geplante Baulogistik. Die Massnahmen, um den Lastentransport auf der Baustelle körperschonend zu gestalten, müssen bereits bei der Planung berücksichtigt werden.
Damit verhindern Sie sowohl menschliches Leid als auch Kosten durch Ausfalltage. Beschwerden am Bewegungsapparat der Mitarbeitenden zu vermeiden, ist aber nicht nur aus ethischen und ökonomischen Gründen ein Muss, sondern wird auch durch die Verordnung über die Unfallverhütung (Art. 41)
Weitere Vorteile einer optimierten Baulogistik
Eine optimierte Planung der Baulogistik bringt neben der Entlastung der Mitarbeitenden auf dem Bau noch viele weitere Vorteile, insbesondere für Bauherrschaft und Planende:
- Vorgegebene Verkehrswege, Hebemittel usw. ermöglichen einen guten Warenfluss und dadurch Zeitersparnis. Daraus resultiert eine höhere Wirtschaftlichkeit der Baustelle.
- Die klaren Vorgaben zum Lastentransport reduzieren die Gefahr von Schäden an fertig gestellten Bauteilen und führen zu einer Qualitätsverbesserung am Bau mit weniger Mängeln.
- Eine aufgeräumte und klar organisierte Baustelle ist für alle Unternehmer und Mitarbeitenden angenehmer zum Arbeiten und hat eine positive Ausstrahlung auf die Reputation des Bauherrn.
Eine optimale Baulogistik bringt somit einen Nutzen für alle am Bau beteiligten Parteien.
Schlüsselelemente für einen körperschonenden Lastentransport
Im Projekt Optibau (siehe weiter unten) wurden die Schlüsselelemente für einen körperschonenden Lastentransport während der gesamten Bauzeit identifiziert. Sie gliedern sich in vier Hauptgruppen:
Wenn Massnahmen für einen körperschonenden Lastentransport schon in der Planung berücksichtigt werden, dann können sie auf der Baustelle auch umgesetzt werden. Zu einer guten Planung gehören folgende Punkte:
- Vollständige Ausschreibungsunterlagen für die Baustellenlogistik (Verkehrswege, Lager, Einbringung, Rückschub und Entsorgung, Transport- und Hilfsmittel usw.) erarbeiten.
- Logistikkonzept mit dazugehörenden Plänen und/oder Modellen erstellen, welches den Baufortschritt berücksichtigt.
- Frühzeitige und realistische Terminplanung sicherstellen. Die einzelnen Bauetappen und Ausbauschritte sind aufeinander abzustimmen, damit wird eine rollende Planung auf der Baustelle vermieden.
- Der Lastentransport muss geregelt sein. So können Improvisationen vor Ort vermieden werden.
- Konstruktive Kommunikation, Koordination gewährleisten. Der Informationsfluss mit allen Beteiligten muss geregelt sein.
Unabhängig von der Art und Grösse eines Bauprojekts geht es darum, die optimale Lösung zu finden, um das Heben und Tragen von Lasten zu verhindern oder so stark wie möglich zu minimieren.
Alles was gerollt werden kann, muss nicht getragen werden. Das heisst: Zufahrts- und Verkehrswege auf der Baustelle müssen während der gesamten Bauzeit derart gestaltet und aufeinander abgestimmt sein, dass sie problemlos befahrbar sind. Geeignete Einbringöffnungen für grosse Bauteile müssen vorhanden sein.
Auf Baustellen sind meistens Höhendifferenzen zu überwinden. Für diese vertikalen Transporte braucht es während der gesamten Bauzeit geeignete Aufzugshilfen, die allen zur Verfügung stehen, wie Baustellenkran, Seilwinden, Fassadenlifte, Innenlift oder Personenaufzüge.
Horizontale Transporte können mit Transportmitteln wie Palettrollis usw. durchgeführt werden. Geeignete Gerüstpodeste und Umschlagplätze müssen auf jeder Etage nach Bedarf zur Verfügung stehen.
Planung und Bauleitung müssen befähigt sein, Massnahmen für einen körperschonenden Lastentransport richtig zu planen und auszuschreiben. Der Leitfaden (Download siehe unten) und die Unterlagen von OptiBau bieten Ihnen hier Unterstützung.
Die in einem Bauprojekt beteiligten Unternehmen und Mitarbeitenden müssen befähigt sein, das Logistikkonzept umzusetzen und die vorgesehenen Transport- und Hilfsmittel richtig einzusetzen.
Leitfaden für die Projektabwicklung
Der Leitfaden für die Projektabwicklung «Körperschonender Lastentransport dank optimaler Baulogistik» zeigt auf
- wie die Zusammenarbeit und die Prozesse bei der Planung und Ausführung eines Bauprojekts zu gestalten sind
- welche Modelle oder Pläne sinnvoll sind
um optimale Voraussetzungen zur Reduktion körperlicher Belastungen beim Lastentransport zu schaffen.
Dabei ist zentral, dass die ausführenden Unternehmen schon in der Planungsphase involviert werden. So können sie Informationen zu ihrem Gewerk (z. B. Bauteilgrösse, erforderliche Hebemittel usw.) einfliessen lassen. Zwei im Leitfaden integrierte Checklisten zeigen auf, welche Aspekte für die Ausschreibung geklärt sein müssen und welche Punkte im Logistikkonzept behandelt werden müssen. Der Lastentransport soll integraler Bestandteil der Planungs- und Vorbereitungsarbeiten von Bauprojekten sein.
Informationen für Bauherrschaften und Investierende
Wenn Ihr Bauprojekt mit der BIM-Methode (Building Information Modelling) abgewickelt wird, können Sie als Bauherrin oder Investor die Anwendung des Leitfadens «Körperschonender Lastentransport dank optimaler Baulogistik» im Sinne eines so genannten «Use Case» einfordern. Sie tun dies bei der Vergabe des Planungsauftrags in den Auftraggeber-Informationsanforderungen (EIR). Damit können Sie gewährleisten, dass bei Ihrem Bauvorhaben Massnahmen zur Reduktion körperlicher Belastungen beim Lastentransport systematisch geplant, vollständig ausgeschrieben und korrekt umgesetzt werden.
Digitale Modelle unterstützen dabei die Zusammenarbeit. Die Abbildung zeigt ein Beispiel eines BIM-Anlieferungsmodell mit Schleppkurven (Bildquelle: AFRY Schweiz AG)
Die Bauherrschaft und die Bauleitung als deren Vertretung spielen eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes auf Baustellen. Gemäss SIA-Norm 118, Artikel 34.3 sorgt die Bauleitung für die rechtzeitige Koordination der Arbeiten aller am Bauwerk beteiligten Unternehmen. Diese haben die notwendigen Schutzmassnahmen zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu treffen. Und dabei unterstützt sie die Bauleitung, als Vertretung des Bauherrn (SIA-Norm 118, Art.104).
Baustellenspezifische Massnahmen planen und koordinieren
Wenn Sicherheits- und Gesundheitsschutzmassnahmen auf einer Baustelle von mehreren Unternehmen benützt werden, gelten sie gemäss Bauarbeitenverordnung (BauAV) als so genannte baustellenspezifische Massnahmen. Diese Massnahmen müssen geplant und koordiniert werden. Als Hilfestellung dafür hat die Suva ein Planungswerkzeug erarbeitet. Es richtet sich primär an die ausführenden Unternehmen. Die Bauleitung kann es aber auch nutzen als Planungshilfe für die Ausschreibung der baustellenspezifischen Massnahmen und für die Überwachung der Umsetzung.
Kulturwandel in der Zusammenarbeit auf Baustellen
Was heute in Produktionsbetrieben bereits gut etabliert ist, soll auch auf Baustellen zum Standard werden: Klar bezeichnete und befestigte Verkehrswege sowie jederzeit verfügbare Hebeeinrichtungen zum Verschieben und Einbringen von Bauteilen und Baustoffen auf der gesamten Baustelle.
Damit dies erreicht werden kann, braucht es einen Kulturwandel in der Zusammenarbeit. Als Basis fürs sicheres Bauen dient die Sicherheits-Charta
Gesundheitsschutz, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit schliessen sich nicht gegenseitig aus, sondern sind durch einen optimalen Bauablauf gleichwertig erreichbar.
Im Leitfaden «Köperschonender Lastentransport dank optimaler Baulogistik» wird die neue Art der Zusammenarbeit zwischen Planung und Ausführung mit der Methode VDC (Virtual Design und Construction) aufgezeigt. Andere Projektmanagement-Methoden, wie Lean Management oder IPD (Integrierte Projektabwicklung) können auch hilfreich für den Kulturwandel sein.
OptiBau – Ein Gemeinschaftsprojekt
Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Durchführungsorgane haben 2014 gemeinsam das Projekt OptiBau lanciert. Darin wurden Schlüsselelemente für einen körperschonenden Lastentransport identifiziert: Vom Abladen der Materialien auf der Baustelle, über den Transport zum Einbauort, bis zur Entsorgung und zum Rückschub des Restmaterials. Die daraus resultierenden baustellenspezifischen Massnahmen werden in der Umsetzungshilfe von OptiBau aufgezeigt.
Auf www.optibau.info
Die «Trägerschaft OptiBau» und die Suva engagieren sich zusammen mit der Plattform Sicherheit und Gesundheit von Bauenschweiz für eine flächendeckende, frühe, vorausschauenden Planung, Koordination, Ausschreibung und Umsetzung der kollektiven, baustellenspezifischen Massnahmen für Arbeitsplatzsicherheit und Gesundheitsschutz sowie der gemeinsam genutzten Baustelleninstallationen
Rückmeldungen und Anregungen
Die Planung der Projektabwicklung mit dem Leitfaden «Körperschonender Lastentransport dank optimaler Baulogistik» muss sich erst etablieren. Bitte senden Sie uns Ihr Feedback zum Leitfaden, damit wir ihn optimieren können.
Wir nehmen Ihre Anregungen und Erfahrungsberichte gerne via E-Mail entgegen: Schreiben Sie uns auf die Adresse ergonomie@suva.ch. Vielen Dank!
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