Unfallbeispiel: Hand durch Schaufeln der Mörtelmischpumpe abgetrennt
Wenn bei der Arbeit mit der Mischpumpe Sicherheitsmassnahmen und Schutzeinrichtungen missachtet werden, kann es zu gefährlichen Situationen und im schlimmsten Fall zu fatalen Betriebsunfällen kommen. In unserem Fallbeispiel verlor ein Mitarbeiter bei einem Unfall während der Arbeit an der Mischpumpe seine Hand.
Inhalt
Kurz und bündig
Unerlaubte Anpassungen an der Mischpumpe sollten die Arbeit vereinfachen, das Resultat war jedoch ein schwerer Unfall. Michel P. verlor dabei seine Hand.
Dies führte zum Unfall:
- Die Mörtelmischpumpe ist nicht vollständig ausgeschaltet und nicht gegen ein ungewolltes Wiedereinschalten gesichert, als Michel P. mit der Reinigung beginnt. Lediglich das Rotieren der Mischwelle ist mit einem improvisiert angebauten Schalter unterbrochen.
- Das notwendige Schutzgitter mit Überwachungsschalter an der Einfüllöffnung der Mischtrommel war an der Maschine nicht mehr vorhanden. Der Überwachungsschalter wurde mit einer Schraube überbrückt.
- Die Rotation der Mischwelle wird durch das ungewollte Betätigen des Kippschalters mit dem Wasserschlauch wieder in Gang gesetzt und führt zum tragischen Unfall.
Rekonstruktion des Unfalls
Michel P. ist auf einer Baustelle mit dem Verlegen von Unterlagsböden beschäftigt. Nachdem sämtlicher Unterlagsbodenmörtel ausgebracht ist, kann er seinen Feierabend noch nicht entspannt geniessen. Eine Aufgabe wartet noch auf ihn, bevor er seine Arbeit beenden kann: Das Reinigen der Mischtrommel der Mörtelmischpumpe.
Michel P. weiss, dass der Motor zum Reinigen der Mischtrommel selbstverständlich ausgeschaltet sein muss. Also stoppt er mit einem Kippschalter am Maschinengestell die Rotation der Mischwelle. Anschliessend öffnet er die Mischtrommel und greift nach dem Wasserschlauch, den er in die Trommel einführt. Er merkt nicht, dass der Schlauch gegen den Kippschalter am Maschinengestell stösst. Durch die Bewegung schaltet sich die Mischtrommel wieder ein. Das Ganze geschieht viel zu schnell, als dass Michel P. noch hätte reagieren können. Die wieder anlaufenden Mischschaufeln rotieren und reissen Michels Hand ab.
Er wird sofort ins Spital eingeliefert, doch seine Hand ist nicht mehr zu retten. Was eigentlich nur eine Routineaufgabe vor Feierabend hätte sein sollen, wird für Michel zum Albtraum: Über Jahre hinweg muss er eine Unzahl von Operationen über sich ergehen lassen, ist wochenlang im Spital und benötigt eine mehrjährige Rehabilitation. Er lebt weiter mit starken, bleibenden Schmerzen und massiven Einschränkungen infolge einer Handprothese. Nach dem Unfall kann er ausserdem seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben und muss sich deshalb umschulen lassen. Auch seine Freizeitaktivitäten kann er aufgrund der Folgen des Unfalls nicht mehr weiterführen und seine Basketballmannschaft kann nie mehr auf seine Körbe zählen.
Analyse der Fehlerkette
Wenn man den Fall «Michel P.» genauer anschaut, findet man mehrere Ursachen, die zu diesem Arbeitsunfall führten.
Unfallursache: Laufender Motor
Michel P. legt den Kippschalter der Pumpe um, als er die Mischwelle reinigen will. Er denkt, er hätte sie somit in einen sicheren Zustand versetzt. Doch was er nicht weiss, ist, dass der Motor der Mörtelmischpumpe noch immer eingeschaltet ist, da der Schalter lediglich die Mischwelle still setzt. Dies ist ein grober Fehler. Mit der Reinigung hätte er erst nach dem vollständigen Ausschalten der Maschine beginnen dürfen.
Unfallursache: Ungesicherter Kippschalter
Ein weiterer entscheidender Faktor für den Unfall war, dass die Maschine vor der Reinigung nicht nur hätte ausgeschaltet, sondern auch gegen ein ungewolltes Wiedereinschalten gesichert werden müssen. Problematischerweise konnte der zum Stillsetzen der Mischwelle benutzte Kippschalter nicht gesichert werden. Er war im Originalzustand der Maschine nicht vorhanden und wurde deshalb nachträglich angebaut. Die Maschine befand sich also nicht in einem gemäss Herstellerangaben konformen Zustand, was zu einem erhöhten Unfallrisiko führte.
Unfallursache: Fehlendes Schutzgitter
Bei einer solchen Maschine wie im Fall «Michel P.» ist die Einfüllöffnung im Normalfall durch ein Schutzgitter mit Überwachungsschalter gesichert. Dies soll dazu dienen, beim Öffnen des Gitters die Stillsetzung des Motors zu erzwingen. Leider wurde hier jedoch das Schutzgitter vorgängig entfernt und der Überwachungsschalter mit einer Schraube überbrückt. Dies wurde Michel P. zum Verhängnis.
Ein solches Manipulieren von Schutzeinrichtungen ist streng verboten, da es nicht den Herstellerangaben entspricht und somit das Unfallrisiko deutlich erhöht. Ohne diesen Sicherheitsmangel hätte Michel P. heute noch immer zwei gesunde Hände.
Generell sollten Schutzeinrichtungen auf keinen Fall entfernt oder manipuliert werden, da es dadurch zu schweren oder tödlichen Verletzungen kommen kann. Mehr dazu finden Sie in diesem Factsheet.
Rechtliche Grundlagen
- Schutzmassnahmen und Schutzeinrichtungen gemäss Art. 3 VUV
Die Verordnung verlangt, dass der Arbeitgeber alle für seinen Betrieb nötigen Schutzmassnahmen trifft. - Information und Anleitung der Arbeitnehmer gemäss Art. 6 VUV
Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, die in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer über allfällige Gefahren zu informieren. - Pflichten des Arbeitnehmers gemäss Art. 11 VUV
Der Arbeitnehmer ist dazu verpflichtet, die Sicherheitsregeln zu befolgen und die Weisungen des Arbeitgebers zu beachten. Gefahren sind sofort zu beseitigen oder dem Arbeitgeber zu melden. - Arbeitsmittel, Grundsatz gemäss Art. 24 VUV
Die Verordnung verlangt, dass die verwendeten Arbeitsmittel die Gesundheit der Mitarbeitenden nicht gefährden. - Schutzeinrichtungen und Schutzmassnahmen gemäss Art. 28 VUV
Arbeitsmittel sind mit besonderen Schutzeinrichtungen zu versehen, wenn sie über ein erhöhtes Gefahrenrisiko verfügen. - Steuer- und Schalteinrichtungen gemäss Art. 30 VUV
Arbeitsmittel müssen jederzeit von der Energiequelle trennbar und gegen ein ungewolltes Wiedereinschalten gesichert sein. - Verwendung von Arbeitsmitteln gemäss Art. 32a VUV
Arbeitsmittel müssen nach den Vorgaben des Herstellers verwendet werden, insbesondere an den dafür vorgesehenen Orten und für die dafür vorgesehenen Aufgaben. Wenn dies nicht gewährleistet werden kann, müssen die Risiken so minimiert werden, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden nicht beeinträchtigt wird.