Nach Beinamputation: «Ich werde nie mit meinem Sohn Fussball spielen»
Stanislav Machovsky verletzte sich bei einem Manöver auf dem Schiff so schwer, dass sein Bein amputiert werden musste. Der Matrose kehrt nun als Steuermann aufs Schiff zurück.
Inhalt
Immer näher zog ihn die elektronische Winde an die Tau-Trommel. Das Bein von Stanislav Machovsky hatte sich in der Leine verheddert, er stürzte und konnte sich nicht mehr befreien. «Ich schrie und schrie. Meine Kollegen eilten mir sofort zu Hilfe, aber es war zu spät», erinnert sich Machovsky. Das Bein war bereits übel zugerichtet. Der Matrose, der seit 9 Jahren für die Avalon Europe AG/River Nautical GmbH arbeitete, verunfallte beim Abfahrtsmanöver. Das Schiff befand sich zu der Zeit in Bulgarien. Machovsky wurde dort ins Spital gebracht: «Die Erstversorgung war eine Katastrophe.» Nach einer Woche veranlasste die Suva die Überweisung ins Kantonsspital Aarau. «Das war grosses Glück: Wegen eines bakteriellen Infekts hätte ich sonst nicht überlebt.» Um sein Leben zu retten, mussten die Ärzte sein Bein amputieren.
Unterstützung durch Vorgesetzte
Einer der ersten Besucher im Spital war sein Vorgesetzter Mika Mihic. Rückblickend sagt dieser: «Die Kämpfermentalität von Stanislav hat mich von Anfang an beeindruckt. Er wollte sehr früh darüber reden, ob er seinen Beruf weiter ausüben könne.»
Man hätte also angefangen, sich über die beruflichen Möglichkeiten mit dem Handicap Gedanken zu machen. Vollste Unterstützung sicherte ihm auch der CEO des Unternehmens zu. «Die Gewissheit, dass ich meinen Job nicht verlieren würde, war eine enorme Erleichterung», sagt Machovsky.
«Ich kann nie mit meinem Sohn Fussball spielen.»
Stanislav Machovsky (36)
Rehabilitation in der Klinik in Bellikon
Bevor allerdings an eine Rückkehr ins Berufsleben zu denken war, ging der 36-Jährige zur Rehabilitation nach Bellikon. Dort bekam er seine Prothese und lernte in den kommenden fünf Monaten Stück für Stück, damit umzugehen. Machovsky lebt, wenn er nicht auf dem Schiff arbeitet, in Tschechien. Auch seine Familie wohnt da. Zwangsläufig musste er auf viel Besuch verzichten: «Die Pflege in Bellikon ist so grossartig, dass ich mich dennoch wohl gefühlt habe.» Alle zwei bis drei Wochen kamen Mika Mihic oder andere Arbeitskollegen vorbei.
Rückkehr ins Berufsleben
Für die berufliche Planung war die Weiterbildung des Matrosen sehr hilfreich. Er hatte vor seinem Unfall das Kapitänspatent für Elbe und Donau erlangt. Das nautische Management-Team und Mihic leiteten alles in die Wege, damit er als Steuermann zurückkehren konnte. «Das Kapitänspatent zeigt erst, dass einer das theoretische Wissen hat», erklärt Mihic. «Ob er aber auch das Händchen für ein 135 Meter langes Schiff hat, steht auf einem anderen Blatt.» Stanislav Machovsky konnte unter Beisein vom verantwortlichen Kapitän und dem nautischen Team erste Versuche wagen und verschiedene Manöver ausprobieren. «Er kann das», bestätigt Mihic. Die Corona-Pandemie zwang das Unternehmen in die Kurzarbeit. Die Wiedereingliederung ist daher noch nicht abgeschlossen.
Nach dem Unfall kam der Sohn zur Welt
Die Pandemie, die die Wiedereingliederung verzögerte, hatte aber auch positive Seiten. Vor rund einem Jahr kam der Sohn von Stanislav Machovsky zur Welt – am gleichen Tag wie sein Papa. «Er hat mir das Glück ins Leben zurückgebracht», schwärmt der stolze Vater. Wegen der Kurzarbeit konnte er auch sehr viel Zeit mit dem Kleinen verbringen. «Ich werde allerdings nie der Vater sein können, den ich gerne wäre.» Wegen der Prothese werde ihm Rumtoben und Fussballspielen nicht möglich sein. «Das macht mich traurig.»
Unser Einsatz für die Rückkehr von Verunfallten
Die Suva vereint Prävention, Versicherung und Rehabilitation. Nach einem Unfall begleitet und unterstützt die Suva die Betroffenen auf ihrem Weg zur Rehabilitation. Verunfallte haben bessere Chancen auf Heilung und Wiedereingliederung, wenn sie frühzeitig und kompetent betreut werden. Nicht nur von uns, sondern auch von ihrem gesamten Umfeld.