Handshake Gendotti_Rickenbacher_MG_1201.tif
14. Juni 2024 | von Arabelle Frey

Wechsel im Suva-Ratspräsidium: Andreas Rickenbacher folgt auf Gabriele Gendotti

Der Suva-Rat hat Andreas Rickenbacher zum neuen Suva-Ratspräsidenten gewählt. Andreas Rickenbacher ist seit 2023 als Bundesvertreter Mitglied des Suva-Rats. Er folgt auf Gabriele Gendotti, der aufgrund der Altersbeschränkung zurücktritt. Wo steht die Suva heute und welche Herausforderungen erwarten den neuen Suva-Ratspräsidenten? Wir haben bei Andreas Rickenbacher und Gabriele Gendotti nachgefragt.

Inhalt

      _MG_0342.tif
      • Geboren 1968 in Biel/Bienne, Studium in St. Gallen und Bern – Abschluss in Betriebswirtschaft und Politikwissenschaft an der Uni Bern (1996)
      • Regierungsrat und Volkswirtschaftsdirektor Kanton Bern (2006-2016)
      • seit 2016 Unternehmer und Verwaltungsrat, u.a. Aebi Schmidt Group AG (Vizepräsident), BKW AG (Vizepräsident, Kantonsvertreter), Bernexpo AG, CSEM AG (Präsident), HRS Real Estate AG. Präsident Stiftung Switzerland Innovation
      • Als Bundesvertreter im Suva-Rat (seit 2023) und Suva-Ratsausschuss (seit 2024)

      «Die Suva hat in den vergangenen Jahren sehr gute Ergebnisse erzielt. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, die Suva im Interesse der Versicherten in eine ebenso erfolgreiche Zukunft zu führen.»

      Andreas Rickenbacher, Suva-Ratspräsident

      Herr Rickenbacher, was hat Sie bewogen das Amt anzutreten?

      Ich habe mein ganzes Leben an der Schnittstelle zwischen Privatwirtschaft und Öffentlichkeit gearbeitet. Sei es als Unternehmensberater oder Regierungsrat – zuständig für Wirtschaft im Kanton Bern – und heute als professioneller Verwaltungsrat bei verschiedenen Unternehmen, die in der Öffentlichkeit stehen wie der BKW oder Aebi Schmidt. Die gelebte Sozialpartnerschaft ist eine der Errungenschaften der Suva. Vertreter/-innen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sowie Vertreter/-innen des Bundes arbeiten im Suva-Rat zusammen, um die Suva gemeinsam mit der Geschäftsleitung und den Mitarbeitenden in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Das imponiert mir. Ich bin überzeugt, dass ich aufgrund meiner Erfahrungen und meiner Persönlichkeit einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Suva leisten kann.  

      Wo sehen Sie in Zukunft mögliche Herausforderungen für die Suva?

      Diese Frage kommt für mich etwas früh. Ich mache mir immer zuerst ein genaues Bild von einer Organisation, bevor ich mich zu Zielen, Herausforderungen und Schwerpunkten äussere. 
      Generell aber kann ich sagen, dass ich einen sehr guten Eindruck von der Suva als Organisation habe. Allerdings, unsere Welt ändert sich schnell – und damit ändert sich auch das Umfeld der Suva. Stichworte dazu sind: Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit. Daher müssen wir täglich am Ball bleiben. 

      Das Thema Innovation ist für Sie zentral, weshalb?

      Ich bin in Biel/Bienne aufgewachsen. Geprägt hat mich sicherlich die zweisprachige Kultur mit ihrem offenen Denken und der Nähe zur Uhrenindustrie. Diese musste sich in den 80er Jahren ganz neu erfinden, um bis heute an der Spitze zu bleiben. Die Notwendigkeit und die Kraft der Innovation, die permanente Suche nach besseren Lösungen, sind gerade für ein Land wie die Schweiz enorm wichtig, damit wir den Lebensstandard halten können. Deshalb engagiere ich mich in all meinen Mandaten für die Innovation und für die Mitarbeitenden. 

      Wo hört für Sie Tradition auf und wo beginnt Innovation?

      Ein berühmter Eishockeyspieler hat einmal gesagt: «Ich laufe dorthin, wo der Puck sein wird, nicht dort, wo er war.» Die Kunst ist es also, rechtzeitig festzustellen, wann ein Produkt oder Prozess erneuert werden muss, um auch morgen noch erfolgreich zu sein. 

      Gendotti2309_Cut_Final.tif

      Gabriele Gendotti, Suva Ratspräsident 2018 - 2024 

      • Geboren 1954 in Faido, Rechtsanwalt und Notar mit Kanzleien in Faido, Biasca und Bellinzona (bis 2002)
      • FDP-Gemeinderat (Parlament) in Faido (1983–2000), Grossrat (1987–1999), Nationalrat (1999)
      • Regierungsrat des Kantons Tessin (2000–2011); Vizepräsident von Faido (2015–2019)
      • Präsident des Stiftungsrats des Schweizerischen Nationalfonds (2012–2018)
      • Seit 2012 Präsident des Forschungsinstitutes in Biomedizin (IRB) in Bellinzona

      «Die Suva gehört zum Tafelsilber der Schweiz. Das müssen wir unbedingt bewahren.»

      Gabriele Gendotti, Suva-Ratspräsident (2018 – Juni 2024)

      Herr Gendotti, was waren Ihre Meilensteine während Ihrer Amtszeit?

      Das ist die sehr solide Finanzlage der Suva, die sich in den letzten Jahren stetig verbessert hat. Die Solvenz hat sich aufgrund der guten Anlageperformance der letzten Jahre positiv entwickelt. Wir können unseren Versicherten garantieren, dass alle zukünftigen Leistungen wie Taggelder oder Renten gedeckt sein werden. Vor 20 Jahren zeigte sich noch ein anderes Bild. 

      Tiefe, risikogerechte Prämien: Seit 2020 Jahren profitieren unsere Versicherten von sinkenden Prämien. Auch nächstes Jahr werden diese erneut auf einen Tiefststand seit der Einführung des Unfallversicherungsgesetzes 1984 erreichen. In einer Zeit, in der alles teurer wird, scheint mir das eine speziell gute Nachricht zu sein. Dazu beigetragen haben einerseits die Massnahmen in der Arbeits- und Freizeitsicherheit, beispielsweise ist das Unfallrisiko in der Arbeit in den letzten 10 Jahren um 10 Prozent gesunken. Andererseits konnte die Suva Kapitalertragsüberschüsse in Form von tieferen Prämien an unsere Versicherten weitergeben. Das ist nicht nur positiv für unsere Versicherten, der Werkplatz Schweiz konnte um 30 Prozent tiefere Lohnnebenkosten entlastet werden.  

      Und schliesslich: Die Suva ist fit für die Zukunft, wenn ich es salopp formulieren darf. Das Unternehmen hat es verstanden, sich mit einer grundlegenden Reorganisation sowie der Digitalisierung und Automatisierung mit dem Programm «smartCare» zukunftsfähig zu machen. Heute ist die Suva ein modernes Unternehmen im besten Sinne des Wortes. Ich sehe die Zukunft der Suva deshalb sehr positiv. So soll es weitergehen, begleitet von der Bescheidenheit, sich zu verbessern.  

      Wo viel Licht ist, gibt es bekanntlich auch Schatten – was hat Sie gefordert?

      Im Jahr 2020 zielte eine parlamentarische Initiative darauf ab, das Teilmonopol der Suva aufzuheben und stattdessen den freien Markt spielen zu lassen. Der Suva-Rat, die Geschäftsleitung und ich hatten sich damals sehr engagiert und viele Gespräche geführt – mit Erfolg. Das Parlament lehnte die Initiative ab, das Modell Suva hatte überzeugt. Allerdings muss ich sagen, das Risiko bleibt, dass das Teilmonopol wieder in Frage gestellt wird. Deshalb gilt es umso mehr, Politik und Öffentlichkeit weiterhin davon zu überzeugen, dass das Modell Suva wertvoll und nachhaltig ist. Und dass es notwendig ist, Reserven zu bilden, um alle langfristigen Leistungen zu Gunsten der Versicherten erbringen zu können. Ich sage immer: «Die Suva gehört zum Tafelsilber der Schweiz. Das müssen wir unbedingt bewahren.»

      Das Modell Suva hat viele Vorteile, wo sehen Sie die grössten Errungenschaften?

      In meinen Augen ist das die sozialpartnerschaftliche Führung. Ohne diese wäre es sehr schwierig und ungleich aufwendiger, die Betriebe von Lösungen oder Massnahmen zu überzeugen, wenn diese nicht von den Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerverbänden mitgetragen würden. Lösungen müssen akzeptiert sein, sonst sind es keine Lösungen, sondern Befehle. Die 100jährige Geschichte der Suva hat bewiesen, dass eine Organisation, die auf Sozialpartnerschaft baut, erfolgreich ist. 

      Zweitens ist die Suva nicht gewinnorientiert und zudem finanziell unabhängig. Das heisst, die Suva erhält keine Subventionen, die an Bedingungen Dritter geknüpft sind. So kann die Suva ganz zum Vorteil der Versicherten agieren. Für mich persönlich deckt sich das Modell Suva ideal mit meinen Überzeugungen: Finanzielle Unabhängigkeit kombiniert mit sozialer Verantwortung.  

      Finden Sie diese Seite hilfreich?